Sonntag, 31. Januar 2010

Vom Lieben (bzw, was der Mensch darunter versteht)

Ich frage mich ernsthaft, was diese Ich-hab-dich-lieb-Sagerei zu jedem noch so flüchtigen Bekannten für einen Sinn haben soll! Ich meine, klar, zu meinen sehr engen Freunden sage oder schreibe ich das schon ab und an, aber nur, wenn der Augenblick ein besonderer ist und es auch zur Art der jeweiligen Person passt. Es gibt einfach Leute, bei denen mir im Traum nicht einfiele, "ich hab dich lieb" zu sagen, ganz gleich, wie dicke ich mit ihnen bin.

Wenn ich mir dann so ansehe, wie locker viele in meinem Alter (aber auch Ältere) mit dieser Bezeichnung umgehen, dann... Na ja, so verkommt diese eigentlich ziemlich rührende und tiefgehende Aussage doch zu einer bedeutungslosen Floskel. Jemanden liebzuhaben ist doch eine höhere emotionale Ebene als ein simples Mögen. Ich mag die Leutchens aus der Jugendgruppe, zu der ich jeden Freitag gehe. Ich mag die meisten Menschen aus dem Schachverein, den ich leider nicht mehr so oft wie früher besuche. Vielleicht mag ich sogar noch meinen ehemaligen Freund auf eine gewisse Weise. Was ich damit sagen will, ist, dass es streng genommen nicht viel heißt, jemanden zu mögen, weil es nicht weiter schwer fällt, jemanden, den man nicht richtig kennt, gern zu haben. Wenn man in einem Mitmenschen hingegen lesen kann wie in einem Buch, auch seine schlechten Eigenschaften kennt und akzeptieren gelernt hat, und ihn noch immer gern hat, dann beginnt für mich erst dieses Liebhaben. Und wenn man wirklich ehrlich gegenüber sich selbst wäre, würde man zugeben, dass man verdammt wenige Menschen wirklich von Grund auf kennt und durchschaut.

Mit dem Lieben ist es genau dasselbe. Leute verlieben sich, sind ein paar Wochen zusammen und reden gleich von Liebe. Wer weiß schon wirklich, was der Unterschied zwischen Liebe und Verliebtheit ist? Um einen Menschen gut genug kennenzulernen, um ihn "richtig" lieben zu können, müsste man ihn doch jahrelang zum platonischen Freund haben, das denke zumindest ich. Keine Ahnung, warum man trotzdem das Bedürfnis hat, sich selbst vorzugaukeln, man wüsste, was diese "Liebe" wirklich ist.
Ist es, wenn man ohne den anderen nicht mehr leben kann oder will? Das ist Hörigkeit, Abhängigkeit. Ist es, wenn man den anderen unter allen Umständen glücklich sehen will? Das kommt auch unter Freunden vor. Ist es, wenn man den anderen bewundert und verehrt und nicht mehr die Augen von ihm lassen kann? Das ist Vergötterung. Oder alles zusammen? Das ist nicht mehr gesund.

Wenn ich recht darüber nachdenke, ist das, was ich unter Liebe verstehe, sehr egoistisch. Man will den Partner ja "behalten", "besitzen", man will nicht, dass er anderen Frauen hinterherschaut. Wenn er krank ist, will man natürlich, dass er wieder gesund wird, aber warum? Damit er wieder voll und ganz für einen da ist und es EINEM SELBST gut geht. Dabei sollte Liebe doch selbstlos sein und keine Ansprüche stellen, die einem selbst zugute kämen. Vielleicht wissen ja die meisten Menschen nicht, was Liebe ist und verwenden den Begriff völlig falsch, weil es nur ein Wort für etwas ist, das man einfach nicht erfassen und begreifen kann.

Insofern sind meine Hausmiezen direkt zu beneiden, weil sie sich um so einen Kram gar nicht erst Gedanken zu machen brauchen.

In diesem Sinne,
die Sojabohne.

Donnerstag, 14. Januar 2010

"Herr der Fliegen" - William Golding

Darf ich vorstellen: mein neues Lieblingsbuch! =) Ich habe zu Weihnachten von meinen Eltern die englische Originalausgabe geschenkt bekommen und - wow! Ich bin kein Sprachexperte, aber die verwendeten Worte sind echt ausdrucksstark und von allen englischen Büchern, die ich bisher gelesen habe, ist dieses hier das beste. Die Sojabohne ist verliiieeebt. =)

Die Handlung ist in gewisser Weise grundböse. Also, ein Trupp englischer Schuljungen landen während einem Atomkrieg (oder so etwas in der Richtung) auf einer scheinbar unbewohnten Insel im Pazifik. Sie bestimmen einen Anführer, den sehr vernunftbegabten Ralph, und bilden eine Gruppe, die jagen soll, geführt von dem aggressiven Jack. Alles toll soweit, alle vertragen sich und halten täglich demokratische Versammlungen ab.
Aber mit der Zeit entfremden sich die Jungs in eine aggressive Jägerpartei und eine vernunftgesteuerte Partei, jeweils geführt von Ralph bzw. Jack. Es folgen eingebildete Monster, zwei nicht ganz versehentliche Morde und eine finale Hetzjagd auf die letzten Rebellen gegen die Jägertruppe, wobei bei der Gelegenheit mal eben die gesamte Insel in Brand gesteckt wird.

Ich weiß nicht, ob ihr "The Coral Island" kennt... Das ist ein Buch mit derselben Ausgangssituation, also einsame Insel usw. Hier allerdings handeln die Jungs uneigennützig und rücksichtsvoll, weil der Autor mit einem anderem Zeitgeist lebte. Damals war Großbritannien auf der Erfolgswelle, daher die Verherrlichung der "britischen" Ideale. Im Gegensatz dazu eskaliert die Situation in "Lord of the Flies" und die menschlichen Abgründe tun sich gnadenlos auf.

Ein Grundmotiv ist der tote Pilot, dessen Leiche im Wind hin- und hergetrieben wird und von allen für das Monster gehalten wird. Die Truppe um Jack bringt diesem Monster sogar ein Opfer dar, den Kopf eines erjagten Schweines, den "Lord of the Flies", wie es im Buch heißt. Man muss sich das so vorstellen, dass da ein Pflock mit einem verwesenden, von Fliegen umschwirrten und bekrabbelten Schweinekopf in der Erde steckt und hämisch grinst. Simon, der Philopsoph unter den Kindern, den keiner versteht, empfängt im Fieberwahn von diesem Saukopf die Botschaft, dass das Böse im Menschen für die Eskalation der Lage verantwortlich ist. Die Metapher passt, da "Herr der Fliegen" ein anderer Name des Teufels ist, und der Satan steht für das Böse. Wie auch immer, Simon enthüllt das Geheimnis, dass es kein Monster gibt, will Jacks Truppe aufklären - und wird selbst für das Viech gehalten und getötet.

Am Ende werden die gerade mal 6 - 12jährigen von einigen Militärs gefunden und "gerettet". Die Frage ist allerdings, ob das denn wirklich die Rettung ist, denn im Prinzip haben die Kinder ja nichts anderes getan als die Erwachsenen auch, nur eben in einem kleineren Rahmen. Krieg bleibt Krieg, ganz gleich, wer ihn führt.

Mehr will ich aber nicht verraten, nur so viel: es ist wirklich ein fantastisches Buch! Sehr gesellschaftskritisch, schonungslos und mit sehr interessanten Charakteren. Vor allem Jack, Piggy und Simon, Ralph ist eher langweilig, wie ich finde. Er ist doch im Grunde sehr gewöhnlich und richtet sich im Zweifelsfall bis zu einem gewissen Grad lieber nach der Meinung der Masse, statt sich dagegen zu stellen. So meidet er den unbeliebten Piggy konsequent, solange er nicht auf ihn angewiesen ist, als er jedoch sein einziger Verbündeter ist, bezeichnet Ralph ihn plötzlich als seinen Freund.
Piggy ist aber auch kein Engel, denn er verleugnet die offensichtliche Tatsache, dass Simons Tod eine Gewalttat war, kein Unfall. Er kommt jedoch nicht damit zurecht und bricht mit seinen eigenen Prinzipien, wonach Dinge immer als das gehandelt werden sollten, was sie sind.
Simon... Ja, Simon ist ein wahrer Heiliger. Er handelt komplett uneigennützig und zeigt keine Furcht bzw. empfindet keine. Er hilft den Kleineren und Schwächeren, birgt in sich keine "bösen" und tierischen Seiten, erkennt die Dinge, wie sie in ihrem tiefsten Innersten beschaffen sind, und er sieht seine Krankheit (Epilepsie) nicht als Hindernis, sondern überwindet immer wieder seine Grenzen. Er ist immerzu damit beschäftigt, an sich selbst zu arbeiten. Er ist der helle Wahnsinn, und dafür bezahlt er mit dem Leben. Tragische Sache. =(

Also, Leute, unbedingt lesen! =)

In diesem Sinne,
die begeisterte Sojabohne.