Sonntag, 28. März 2010

Zum Thema Tod

Der Tod ist etwas, das in unserer heutigen Gesellschaft - aber bestimmt auch immer schon - nicht als ernsthafte Bedrohung oder bedeutungsvolle Sache gesehen wird. Zumindest, solange man nicht direkt davon betroffen ist. Nun kann ich zu meinem Glück sagen, dass ich noch nie einen Todesfall in meiner Familie hatte, der mich wirklich berührt hätte. Aber vor ein paar Tagen habe ich etwas gesehen, das mir die Augen geöffnet hat.

Ich war mit meinen Leutchens am Strand unterwegs, und irgendwo dort lag ein totes Wildschwein, zum Glück noch nicht sehr lange. Es war ja auch noch einen Deut zu kalt, als dass es bereits verwesen hätte können. Auch die Maden hatten sich noch nicht daran zu schaffen gemacht, gelobt sei der Kühlschrankeffekt. Okay, das soll's dann gewesen sein mit den ekligen Details. =)

Tja, und dieses Tier hat mir tatsächlich zu einer ganz anderen Sichtweise verholfen. Es ist nicht leicht zu beschreiben. Das Viech sah aus, als hätte es nie wirklich gelebt, als würde die Seele, der Geist oder was auch immer fehlen. Als würde das Leben an sich in ihm fehlen. Man hätte meinen können, es sei nur eine kunstvoll gestaltete Hülle von etwas. In diese Gedanken versunken wurde mir erst klar, warum uns Menschen lebendige Dinge lebendig erscheinen: es ist der innere Antrieb, der uns zur Bewegung treibt, der Glanz in den Augen, die Reflexe, die dem Kunstwerk Körper den optischen Inhalt geben. Und wenn dieser Inhalt dann fort zu sein scheint, wird uns erst richtig klar, dass vorher etwas in dem Körper drin gewesen muss. Dieses Etwas nennt der Mensch dann Seele.

Bloß, wohin verschwindet die Seele, wenn das Wesen stirbt? Vermutlich dahin, wo sie auch hergekommen ist. Und wo kommt sie her? Okay, schauen wir mal im antiken Griechenland vorbei: damit der Mensch, also sein Abbild, leben konnte, musste Athene ihm erst den Lebensatem einblasen. Und im Christentum? Da haben wir wieder die Seele, die am Ende aufersteht und entweder zu Gott oder zum Teufel fliegt. Mal ehrlich, diese ganzen Zusammenhänge werden doch erst verständlich, wenn man nachvollziehen kann, wie die Leute überhaupt darauf kommen, dass da etwas wie eine Seele ist.

Na ja, nach der Entdeckung dieses Tieres war die allgemeine Stimmung natürlich eher gedämpft und der Rest des Nachmittags verlief eher still und melancholisch. Schade, definitiv schade. Aber hey, wieder mal etwas dazugelernt. =)

In diesem Sinne,
die Sojabohne.

P.S.: Mein Väterchen meinte, es sei mittlerweile eklatant, dass die Verabschiedung immer dieselbe sei. Das nehme ich zur Kenntnis und ich gelobe auch Besserung, jedoch fällt mir keine andere ein. Also, wer auch immer bisher noch dachte, ich hätte es noch nicht gewusst, der sei jetzt belehrt, dass die Sojabohne einfach nur zu unkreativ ist, was Besseres zu schreiben. ;)

Donnerstag, 25. März 2010

Schönheitskönigin

Die Sojabohne hat mal wieder was gedichtet. =) Eigentlich hat dieses Gedicht keinen gedanklichen "Ursprung", aber es gibt Leute in meinem Bekanntenkreis, die damit den Begriff "Topmodel" verbinden. Na ja, jedem seine Interpretation. =)

SCHÖNHEITSKÖNIGIN

Sie schwebt hinein ins Zimmer,
lächelt gütig. Elegant
gleitet sie so stolz wie immer
in ihre Haltung. Ihr Gewand

wirft keine Falten, alles passt.
Sie fühlt hinein in ihre Schönheit.
Sie ist perfekt, zumindest fast.
Sie braucht nicht Hilfe, nicht Geleit.

Sie weiß, sie wird begehrt,
wird gewollt und will doch keinen.
Sie bricht Herzen, wird verehrt,
will nicht lachen, kann nicht weinen.

Die Gegenwart ihr Element,
das Altern ihre Not.
Sie weiß, dass nur die Zeit sie trennt
von Einsamkeit und Tod.

Sie ist ein reines Phänomen,
geboren als Symbol.
Ihre Schönheit wird vergehn,
UNS bleibt sie als Idol.

In diesem Sinne,
die Sojabohne.

Samstag, 20. März 2010

Vom Erwachsenwerden

Wenn man erwachsen wird - rechtlich gesehen -, also wenn der 18. Geburtstag immer näher rückt, steht man plötzlich vor einem riesigen Problem. Ist man denn auch "erwachsen genug", um von heute auf morgen erwachsen zu sein? Ist man nicht viel zu kindlich und albert noch viel zu viel mit der besten Freundin herum? Ist man wirklich dazu in der Lage, ab jetzt sein Leben selber zu managen, alleine zurechtzukommen und für alle seine Fehler in eigener Person geradezustehen?

Man schämt sich regelrecht, weil man ja noch immer alberne Scherze macht, noch keine Beziehungen von existenzieller Wichtigkeit hatte, noch immer nicht einen Haushalt ohne fremde Hilfe organisieren könnte und noch bei viel zu vielen Dingen um Rat fragen muss. Man kommt sich vor wie ein kleines, unbeholfenes Küken. Vielleicht hat irgendwer schon mal etwas gesagt wie "Du kannst aber auch gar nicht mit Geld umgehen!!!"

Du hast zwar möglicherweise bereits konkrete Pläne bezüglich Ausbildung oder Studium. Vielleicht hast du sogar schon Aussicht auf eine Wohngemeinschaft mit Freunden, genug Geld von der Familie bereitgestellt bekommen oder sonst welche "Privilegien". Trotzdem hast du Angst, den Anforderungen, die die erwachsene Welt an dich stellen könnte, nicht zu genügen. Das Problem ist ja gerade, dass man nicht weiß, WELCHE Anforderungen auf einen zukommen. Man sieht, wie der Vater oder die Mutter ihre Finanzen regeln, Geld verdienen, Autofahren, Dinge reparieren, Geld überweisen, usw. Das würde man auch gerne so souverän und routiniert können, manches davon hat man aber noch nicht einmal gemacht. Geld verdienen und Autofahren ist wahrscheinlich gar nicht mal das Ding, denn mit (fast) 18 Jahren hat man in der Regel bereits gearbeitet und steht kurz davor, den Führerschein zu absolvieren.

Die Vorstellung, das, was Erwachsene tun, sei immer und überall fundiert und richtig, steckt irgendwie doch in einem drin, und man ist überfordert, weil man von jetzt auf gleich all das auch können soll - zumindest DENKT man, es würde von einem erwartet. Vielleicht ist diese Volljährigkeit doch keine dermaßen große Herausforderung, zumindest hoffe ich das. In gut drei Monaten ist es schließlich schon soweit, und das macht mir mehr Angst und Sorgen, als mir lieb ist.

In diesem Sinne,
die Sojabohne.

Dienstag, 16. März 2010

"Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens" - Rainer Maria Rilke

Seit einiger Zeit lese ich viel von Rainer Maria Rilke, und deshalb möchte ich einige seiner meiner Meinung nach schönsten Gedichte vorstellen. Das Schöne an den Dingen, die er schreibt, ist ja gerade, dass unendlich viel Raum bleibt für Assoziationen und Ideen, was gemeint sein KÖNNTE. Das macht es zwar enorm schwierig, immer zu verstehen, was einem der Mann sagen will, aber es wäre ja auch langweilig, wenn die Botschaft allzu offensichtlich wäre. Vielleicht braucht auch gar nicht alles eine weltbewegende Moral zu vermitteln. Wie auch immer, los geht's:

AN DIE FRAU PRINZESSIN MADELEINE VOB BROGLIE

Wir SIND ja. Doch kaum anders als den Lämmern
gehn uns die Tage hin mit Flucht und Schein;
auch uns verlangt, sooft die Wiesen dämmern,
zurückzugehn. Doch treibt uns keiner ein.

Wir bleiben draußen Tag und Nacht und Tag.
Die Sonne tut uns wohl, uns schreckt der Regen;
wir dürfen aufstehn und uns niederlegen
und etwas mutig sein und etwas zag.

Nur manchmal, während wir so schmerzhaft reifen,
dass wir an diesem beinah sterben, dann:
formt sich aus allem, was wir nicht begreifen,
ein Angesicht und sieht uns strahlend an.


LIED

Du, der ich's nicht sage, dass ich bei Nacht
weinend liege,
deren Wesen mich müde macht
wie eine Wiege.
Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht
meinetwillen:
wie, wenn wir diese Pracht
ohne zu stillen
in uns ertrügen?

Sieh dir die Liebenden an,
wenn erst das Bekennen begann,
wie bald sie lügen.

Du machst mich allein. Dich einzig kann ich vertauschen.
Eine Weile bist du's, dann wieder ist es das Rauschen,
oder es ist ein Duft ohne Rest.
Ach, in den Armen hab ich sie alle verloren,
du nur, du wirst immer wieder geboren:
weil ich dich niemals anhielt, halt ich dich fest.


SPAZIERGANG

Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran.
So fasst uns das, was wir nicht fassen konnten,
voller Erscheinung, aus der Ferne an -

und wandelt uns, auch wenn wir's nicht erreichen,
in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;
ein Zeichen weht, erwidernd unser Zeichen...
Wir aber spüren nur den Gegenwind.


VERGÄNGLICHKEIT

Ach, wie ihr heimlich vergeht!
Wer hat es verstanden,
dass ihr den Nachen gedreht
ohne zu landen?

Keiner erfasst es. Wo singt
rühmend ein Mund?
Alles vertaucht und ertrinkt,
drängt sich am Grund.

Drüberhin treibt uns der Schwung,
wie das Gefäll ihn leiht...
Nicht mal zur Spiegelung
bleibt uns Zeit.

In diesem Sinne,
die Sojabohne.