Samstag, 20. November 2010

Angst

Es heißt oft, das destruktivste Gefühl überhaupt sei der Hass, aber das ist nicht wahr. In Wirklichkeit ist es nämlich die Angst, schon alleine deswegen, weil sie die Grundvoraussetzung dafür ist, dass Hass überhaupt entstehen kann. Nichts auf der Welt richtet so viel Schaden an wie die Furcht vor dem, was wir tun müssen bzw. gerne tun würden.

Z. B. die Angst vor dem Versagen. Man tut etwas zum ersten Mal bzw. hat es noch nie erfolgreich hingekriegt und zerbricht sich tagelang vorher den Kopf darüber, ob es (diesmal) hinhauen wird. Man malt sich aus, was wohl passieren wird, wenn es nicht klappt, und wie die Freunde und Eltern darauf reagieren werden. V. a., was diese Leute von einem denken werden. Denn keinem Menschen auf der Welt kann es ernsthaft egal sein, was seine Freunde von ihm halten. Ein Mensch ohne Freunde ist wie ein Baum ohne Wurzeln, deshalb will man seine Leute auch nicht verlieren.

Oder die Angst vor der Zukunft. Man zweifelt an den eigenen Fähigkeiten, da diese die Basis für ein erfolgreiches eigenes Leben sind. Sollten sie unzureichend sein, steht man vor dem beruflichen Nichts. Man kann seine Entscheidungen und Leistungen nicht den anderen überlassen, keiner aus dir selbst kann dein Leben für dich leben. Wenn also ich es nicht alleine schaffe, mir eine gute Zukunft zu erarbeiten – wer soll es sonst für mich tun? Die Angst kann einen lähmen und daran hindern, überhaupt etwas zu schaffen.

Zu guter Letzt die Angst vor den Menschen. Die Angst, schlechter als andere zu sein, weniger zu können, weniger zu bewegen. Man glaubt, nicht so humorvoll, originell, wortgewandt, sympathisch, fleißig, klug - oder was auch immer – wie andere zu sein, und das lähmt einen so sehr, dass man es wirklich nicht ist und genauso behandelt wird, wie man es immer befürchtet hat. Man entwickelt Neid, und aus Neid kann Hass werden, entweder auf sich selbst oder auf die anderen. Der Rest der Menschheit mutiert vor dem inneren Auge zu "Halbgöttern", die alles besser wissen und können; sobald irgendwas schiefläuft, zweifelt man unwillkürlich zuallererst an sich und dann vielleicht irgendwann mal an seiner Umwelt.

Ich glaube, dass mehr Leute unter diesen Ängsten leiden, als man denkt, aber die meisten verstehen sich bestens darauf, ihre Komplexe zu cachieren.

In diesem Sinne,
die Sojabohne.